Urteilsabsprachen und Opferinteressen in Verfahren mit Nebenklagebeteiligung

Projektlaufzeit: 2009 - 2011
Auftraggeber:    Weißer Ring e.V. (Mainz)

Projektbeschreibung

Mit dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren" am 4. August 2009 legalisierte der Gesetzgeber die jahrzehntelange Praxis informell stattfindender verfahrensbeendender Absprachen über die zu verhängende Strafe. Zeitgleich mit dem Verständigungsgesetz wurde am 29. Juli 2009 noch eine zweite Neuregelung verabschiedet, nämlich das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz, 2. ORRG), mit dem unter anderem der Katalog der nebenklagefähigen Straftaten neu strukturiert und die Anschlussbefugnisse ein weiteres Mal erweitert wurden. Auch wenn die Diskussion um verfahrensbeendende Absprachen nach Einführung des § 257c StPO nicht verstummt ist, so findet sie weitgehend ohne Berücksichtigung des Opfers statt. Nur sehr vereinzelt findet sich der Hinweis darauf, dass das ausgehandelte Verfahrensergebnis möglicherweise nicht immer auf Akzeptanz beim Verletzten treffen wird; insofern sind Urteilsabsprachen nicht zwangsläufig mit dem pauschalen Verweis auf das Opferinteresse, keine (weitere) Zeugenaussage machen zu müssen, zu rechtfertigen. Das Forschungsprojekt ging der auch rechtspolitisch aktuellen Frage nach, ob und in welcher Hinsicht Opferinteressen durch die Praxis der Verständigung im Strafverfahren tangiert werden.

Methoden

Schriftliche Befragung aller deutschen Fachanwälte für Strafrecht (N = 2.213) sowie – vergleichend – Rechtsanwälte ohne spezielle Strafrechtsspezialisierung, jedoch mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Nebenklage (N = 573; leitfadengestützte, erzählgenerierende Interviews mit Nebenklägern nach Abschluss der Hauptverhandlung (n = 21).

Veröffentlichungen

  • Niemz, Susanne (2011). Urteilsabsprachen und Opferinteressen - in Verfahren mit Nebenklagebeteiligung. Baden-Baden: Nomos-Verl. - ISBN 978-3-8329-7222-6 (Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern; Bd. 49)
  • Niemz, Susanne (2012). Urteilsabsprachen in der Praxis: verändert „Mauschelei“ das Bild des Rechts in der Öffentlichkeit? In: Hans-Georg Soeffner (Hrsg.): Transnationale Vergesellschaftungen: Verhandlungen des 35. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Frankfurt am Main 2010. Wiesbaden: Springer VS.
  • Niemz, Susanne (2013). Opfer und Robenträger im Strafrechtssystem: über die Erwartungen betroffener Laien und die Strukturzwänge der Professionellen. In Dieter Dölling & Jörg-Martin Jehle (Hrsg.): Täter – Taten – Opfer: Grundlagenfragen und aktuelle Probleme der Kriminalität und ihrer Kontrolle (S. 269-289). Mönchengladbach: Forum. (Online-Ausgabe)

Wesentliche Ergebnisse der Untersuchung:

Kurzzusammenfassung (PDF)