Verfahrenszahlen bei Menschenhandel

Projektlaufzeit: 2003-2004
Auftraggeber: Bundesministerium des Innern (Berlin)

Projektbeschreibung

Das Forschungsvorhaben wurde von der KrimZ in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (MPI) durchgeführt. Die KrimZ wertete Ermittlungsakten zum Menschenhandel aus und analysierte die in den Jahren 1996 - 2000 erfolgten 915 Verurteilungen wegen der Straftatbestände in §§ 180b, 181 StGB, deren Daten vom Bundeszentralregister zur Verfügung gestellt wurden.

Anlass des Forschungsprojekts waren rückläufige Verfahrenszahlen bei den einschlägigen Delikten. Diese konnten durch verschiedene Umstände bedingt sein:

  • Eigenheiten der Anzeigeerstattung und der Verdachtsschöpfung;
  • Beweisschwierigkeiten;
  • Ausweichen der Justiz auf andere Straftatbestände.

Die KrimZ führte eine Analyse von Gerichtsakten zu Menschenhandelsverfahren aus zehn Bundesländern durch; dabei ging es einerseits um solche Verfahren, in deren Verlauf der Tatvorwurf Menschenhandel zu Gunsten anderer Delikte fallen gelassen wurde, andererseits um solche, in denen es zu einer Verurteilung wegen Menschenhandels kam. Die Aktenauswertung untersuchte den zeitlichen und organisatorischen Verlauf der Verfahren, die Art der Verfahrensauslösung sowie zahlreiche Merkmale der Taten, der Tatverdächtigen und Opfer.

Durch das MPI wurde eine schriftliche Befragung von unmittelbar an der Strafverfolgung beteiligten Personen durchgeführt. Es handelte sich hierbei um Polizisten aus dem Bundeskriminalamt, den Landeskriminalämtern, Dezernaten für organisierte Kriminalität sowie örtlichen "Rotlicht-Dezernaten", dem Bundesgrenzschutz, Staatsanwälte und Strafverteidiger. Schließlich wurden mündliche Interviews mit Schlüsselpersonen im Rahmen von Menschenhandelsverfahren geführt.

Die Aktenanalyse betraf überwiegend "klassische" Fälle des transnational organisierten Handels mit ausländischen Frauen zu Prostitutionszwecken. Doch wurden daneben nicht wenige Verfahren ausgewertet, die von dieser Konstellation abwichen, darunter etwa inländischer Zwang in die Prostitution. Überraschend häufig wurden die Ermittlungen durch Anzeigen und Hinweise ausgelöst, nicht etwa durch eigene Aktivitäten der Polizei. In diesen Fällen kam es dann relativ häufig auch zu einer Verurteilung wegen des Straftatbestands Menschenhandel. Insgesamt bezogen sich die Verurteilungen allerdings überwiegend auf andere Tatbestände.

Veröffentlichungen

  • Herz, Annette Louise (2005). Menschenhandel: eine empirische Untersuchung zur Strafverfolgungspraxis. Berlin: Duncker & Humblot.
  • Herz, Annette Louise & Minthe, Eric (2005). Straftatbestand Menschenhandel: Verfahrenszahlen und Determinanten der Strafverfolgung. Neuwied: Luchterhand

Ansprechpartner
Prof. Dr. Axel Dessecker